Berlin. Der Bundestag soll das Heizungsgesetz nun nach der Sommerpause absegnen. Drohen ab 2024 tatsächlich Verbote? Was wir bisher wissen.

Der Angriffkrieg Russlands und damit einhergehend die Energiekrise 2022 hat es deutlich vor Augen geführt: Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen wie Heizöl oder Gas kann schnell zum Verhängnis werden. Hinzu kommt der KlimawandelHitze und Dürre sind auch in Deutschland ein großes Problem. In der Politik ist man sich einig: Weg von fossilen Energieträgern und bis 2045 klimaneutral werden – nur über das "Wie" hat man sich innerhalb der Ampel-Koalition lange gestritten.

Heizung ab 2024: Ampel einigt sich – was von den Verboten für Gas und Öl übrig ist

Allen voran auf Drängen der FDP wurde das ursprünglich von Wirtschaftsminister Robert Habeck vorgestellte Heizungsgesetz entschärft. Eigentümer sollen in den kommenden Jahren mehr Alternativen haben. Dazu zählen neben einer Wärmepumpe auch die Pelletheizung oder die Gasheizung im Biomasse- oder H2-Betrieb. Auch das Thema Fernwärme soll auf kommunaler Ebene geprüft und verstärkt in den Fokus rücken. An der 65-Prozent-Quote soll jedoch weiter festgehalten werden – das wiederum würde de facto auch Verbote bedeuten.

Eine klassische Gas- oder Ölheizung ohne erneuerbaren Energieanteil kann die 65-Prozent-Quote nicht erfüllen. Für eine bestehende Heizung soll jedoch ein Bestandsschutz bis mindestens 2045 greifen. Keiner soll somit zum Heizungstausch gezwungen werden. Kritisch wird es aber bei irreparablen Defekten. Denn im Heizungsgesetz sind Übergangsfristen definiert – manche Eigentümer sollen nur drei Jahre Zeit bekommen, um auf eine klimafreundliche Alternative umzurüsten. Doch was ist genau geplant? Ein Überblick zu den wichtigsten Eckpunkten:

  • Ein klimaneutraler Gebäudebestand soll bis spätestens 2045 erreicht werden.
  • Ab 2024 soll möglichst jede neue Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
  • Grundlage soll die kommunale Wärmeplanung bis 2028 sein – ist der Anschluss an ein Wärmenetz möglich? Unnötige Investitionen sollen vermieden werden.
  • Die kommunale Wärmeplanung soll Voraussetzung für das Inkrafttreten der meisten Auflagen für Bestandsbauten im Heizungsgesetz sein
  • Für bestehende Gas- und Ölheizungen greift ein Bestandsschutz bis 2045 – die Ausnahmen: Die Heizung ist über 30 Jahre und von der Austauschpflicht betroffen oder sie geht irreparabel kaputt.
  • Für die Investition in eine neue Öko-Heizung soll es vom Staat eine Förderung von bis zu 70 Prozent der Gesamtkosten geben.
  • Die ursprünglich vorgesehene Ausnahme vom Heizungstausch für über 80-Jährige soll gestrichen werden.
  • Neben der Wärmepumpe erfüllen auch die Pelletheizung oder die Gasheizung in Biomasse- oder H2-Nutzung die 65-Prozent-Quote.

Experte warnt vor klassischer Gas- oder Ölheizung: CO2-Preis – hohe Kosten drohen

Schon jetzt raten Experten mit Blick auf die geplanten Vorgaben im Heizungsgesetz mehrheitlich von neuen Öl- und Gasheizungen ohne klimafreundlichen Anteil ab. Neben der ungewissen Perspektive ist auch der CO-Preis ein entscheidender Faktor. "Steigt der CO2-Preis – wie von vielen Experten erwartet – auf über 100 Euro pro Tonne CO2 in den nächsten Jahren, kann man über die Laufzeit einer neuen fossilen Heizung von 20 bis 25 Jahren dafür zusammengerechnet eine fünfstellige Summe bezahlen", warnt Energieberater Benjamin Weismann.

Weismann ist Geschäftsführer im Energieberaterverband GIH und hatte sich im Interview mit unserer Redaktion zu seiner Empfehlung für eine Heizung ab 2024 geäußert. Die Gas- und Ölheizung schließt er in Zukunft nicht aus. Weismann sieht deren Zukunft aber in hybriden Systemen – etwa mit Wärmepumpen oder Photovoltaik. Dem gegenüber steht die aktuelle Entwicklung am Markt. Die Nachfrage nach Wärmepumpen sinkt. Auch die Zahl der Förderanträge ist im Vorjahresvergleich rapide gefallen.

Ölheizung tauschen: Für diese Alternativen gibt es eine Förderung

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    Übersicht zu Einbau- und Betriebsverboten – was geplant ist

    Heizungs- oder KamintypVerbot abDefinition
    Gas- und Ölheizungen1. Januar 2045Verbot nur, wenn sie ausschließlich mit Heizöl oder Erdgas betrieben werden – umrüstbare Heizungen auf erneuerbare Energien wie Wasserstoff (H2) sind nicht betroffen.
    Heizkessel mit fossilen BrennstoffenNach 30 Jahren Nutzung (Austauschpflicht)Ausnahmen von der Austauschpflicht sind umfangreich – etwa für moderne Heizkessel und Heizungen mit erneuerbarem Anteil wie Solarthermie.
    Kaminöfen und Feueranlagen vor dem 21. März 20101. Januar 2024Sie müssen nachgerüstet werden und die Emissions-Grenzwerte für Kohlenmonoxid und Feinstaub einhalten – ansonsten droht ein Betriebsverbot.

    Zu beachten ist: Die Daten in unserer Tabelle wurden am 5. Juli 2023 erstellt und basieren auf Informationen aus dem Entwurf für das Heizungsgesetz und der aktuellen Gesetzeslage (Gebäudeenergiegesetz). Die Austauschpflicht greift schon jetzt und ist in der aktuellen Fassung des GEG unter § 72 geregelt – nachzulesen über "gesetze-im-internet.de".

    Neue Heizung: Run auf Gas und Heizöl – Branchenverband sieht Schuld in der Politik

    Stattdessen boomt die Nachfrage nach herkömmlichen Systemen. Ein Brancheninsider berichtet von einem "Run" auf Gas- und Ölheizungen. Bis Ende 2023 seien die Auftragsbücher voll, sagte Andreas Schuhmann vom Hamburger Betrieb Arnold Rückert GmbH im NDR. Seine Bilanz: "Aktuell interessiert sich keiner mehr richtig für Wärmepumpen, obwohl das eigentlich ja so sein müsste. Stattdessen möchten alle noch schnell eine Öl- oder Gasheizung haben – und zwar im alten Stil, ohne zusätzlich erneuerbare Energien einzubauen, weil das dieses Jahr noch möglich ist."

    Die Schuld für die Entwicklung sieht der Branchenverband Wärmepumpe (BWP) in der Politik. BWP-Vorstandsvorsitzender Paul Waning sagte gegenüber der "Augsburger Allgemeinen": "Die Klopperei in der Politik rund um das neue Gebäudeenergiegesetz war eine Katastrophe." Sie hat zur Verunsicherung in der Bevölkerung beigetragen. Die hohen Kosten für eine neue Wärmepumpe sowie die oft langen Lieferzeiten kommen erschwerend hinzu – doch zumindest bei den Preisen ist mittelfristig eine Entspannung in Sicht.

    Nicht nur Heizungen sind betroffen: Was Eigentümer von Kaminöfen beachten müssen

    Mittel- und langfristig werde sich die Marktsituation für Wärmepumpen entspannen, erklärte der Ökonom Jens Suedekum von der Heinrich-Heine Universität in Düsseldorf jüngst gegenüber unserer Redaktion. Denn zunehmend würden sich auch asiatische Produzenten auf dem deutschen Markt etablieren. Auch im BWP zeigt man sich optimistisch. "Die Produktionskapazitäten werden aktuell massiv ausgebaut." Suedekums Empfehlung: "Clevere Verbraucher können in ein paar Jahren von deutlich niedrigeren Preisen profitieren."

    Weniger Beachtung in der Debatte um das Heizungsgesetz finden Kaminöfen – dabei gelten auch hier strenge Auflagen vom Gesetzgeber. Hier sind es vor allem die Emissions-Grenzwerte, die Eigentümer im Blick haben sollten. Den Nachweis darüber erteilt der Schornsteinfeger. Folgende Grenzwerte müssen im Hinblick auf die Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) beachtet werden:

    • Kohlenmonoxid: 4 Gramm je Kubikmeter
    • Feinstaub: 0,15 Gramm je Kubikmeter

    Heizungsgesetz mit neuen Vorschriften: Kontrolle und Bußgelder – was schon bekannt ist

    Feueranlagen – welche die Grenzwerte nicht einhalten und vor dem 21. März 2010 eingebaut wurden – müssen nachgerüstet werden. Andernfalls droht auch hier ein Betriebsverbot. Das Nichteinhalten der Heizungs- oder Kaminvorgaben wird mit Bußgeldern geahndet – bis zu 50.000 Euro können fällig werden. Kontrolliert werden die gesetzlichen Vorschriften vom Schornsteinfeger bei der routinemäßigen Überprüfung. Dasselbe gilt für die "Austauschpflicht" nach 30 Jahren – auch hier erinnert der Schornsteinfeger bei Bedarf an den nötigen Austausch.