Washington. Das U-Boot Titan ist wohl schon am Sonntag im Atlantik implodiert. Warum wurden die fatalen Hinweise der US-Marine zurückgehalten?

  • Nach tagelanger Suche gab es am Donnerstag traurige Gewissheit: Das U-Boot "Titan" ist auf dem Weg zur Titanic implodiert
  • Hinweise darüber soll die US-Marine bereits vor Tagen an die Betreiberfirma Oceangate gegeben haben
  • Wurden die Hinweise ignoriert? Auch Titanic-Regisseur David Cameron äußert sich und findet Parallelen zum Untergang der Titanic

Die Führung der am Donnerstag abrupt abgebrochenen Such- und Rettungsmission für das zur Titanic aufgebrochene Tauch-Boot Titan wusste offenbar sehr viel früher vom katastrophalen Ende der Tiefsee-Expedition. Lesen Sie dazu: Vermisstes U-Boot Titan: Trümmer gefunden – Passagiere tot

Wie das “Wall Street Journal” berichtet, hatte die US-Marine mittels eines hoch geheimen Überwachungssystems bereits am vergangenen Sonntag entsprechende akustische Signale empfangen und eine “Unregelmäßigkeit” festgestellt. Sie könnte zu einer Implosion oder Explosion in der Zone passen, in der sich die Titan seinerzeit im Nord-Atlantik befand. Das sagte ein Sprecher der Navy der Zeitung.

U-Boot "Titan" implodiert: Oceangate frühzeitig über fatale Vermutung informiert

An jenem Sonntag war knapp zwei Stunden nach dem Tauchgang der kleinen Kapsel, in der fünf Menschen den Tod fanden, der Kontakt zum Mutterschiff “Polar Prince” abgebrochen. Viele Stunden später erst informierte das Betreiber-Unternehmen Oceangate, dessen CEO Stockton Rush unter den Opfern ist, die US-Küstenwache. Lesen Sie dazu: Titanic-Tauchboot wohl implodiert: Was ist eine Implosion?

Titanic-Fotostrecke: Verschwundenes U-Boot sorgt für Rätsel

Die Titanic galt bei ihrer Jungfernfahrt von Southampton nach New York 1912 als unsinkbar. Doch es kam anders. Das Wrack des Schiffs liegt seitdem in etwa 3800 Meter Tiefe rund 600 Kilometer von Neufundland/Kanada entfernt auf dem Meeresgrund.
Die Titanic galt bei ihrer Jungfernfahrt von Southampton nach New York 1912 als unsinkbar. Doch es kam anders. Das Wrack des Schiffs liegt seitdem in etwa 3800 Meter Tiefe rund 600 Kilometer von Neufundland/Kanada entfernt auf dem Meeresgrund. © imago stock&people
Hochauflösende 3D-Aufnahmen zeigen das Wrack der Titanic.
Hochauflösende 3D-Aufnahmen zeigen das Wrack der Titanic. © Atlantic Productions/Magellan
Das Foto aus dem Jahr 2004 zeigt die Überreste eines Mantels und von Stiefeln im Schlamm des Meeresbodens nahe des Hecks der Titanic.
Das Foto aus dem Jahr 2004 zeigt die Überreste eines Mantels und von Stiefeln im Schlamm des Meeresbodens nahe des Hecks der Titanic. © Institute for Exploration, Center for Archaeological Oceanography/AP/dpa
Das U-Boot Titan des Unternehmens Oceangate Expeditions versprach Touristen, es bis zum Wrack der Titanic zu führen, um all diese Dinge aus der Nähe zu sehen.
Das U-Boot Titan des Unternehmens Oceangate Expeditions versprach Touristen, es bis zum Wrack der Titanic zu führen, um all diese Dinge aus der Nähe zu sehen. © OceanGate Expeditions/AP/dpa
Seit seiner letzten Mission am Sonntag, 18. Juni, galt das U-Boot jedoch als verschollen. Inzwischen steht fest: Es ist gesunken.
Seit seiner letzten Mission am Sonntag, 18. Juni, galt das U-Boot jedoch als verschollen. Inzwischen steht fest: Es ist gesunken. © Google/dpa
Insgesamt fünf Menschen befanden sich an Bord des Tauchbootes.
Insgesamt fünf Menschen befanden sich an Bord des Tauchbootes. © Oceangate Expeditions/PA Media/dpa
Dieses von American Photo Archive zur Verfügung gestellte Foto zeigt den Innenraum des Tauchboots Titan mit den damals reisenden Passagieren. Die Ticketpreise lagen bei ca. 250.000 Dollar.
Dieses von American Photo Archive zur Verfügung gestellte Foto zeigt den Innenraum des Tauchboots Titan mit den damals reisenden Passagieren. Die Ticketpreise lagen bei ca. 250.000 Dollar. © American Photo Archive/Alamy/PA Media/dpa
Unter den wohlhabenden Touristen war auch der britische Geschäftsmann und Abenteurer Hamish Harding.
Unter den wohlhabenden Touristen war auch der britische Geschäftsmann und Abenteurer Hamish Harding. © Felix Kunze/Blue Origin/AP/dpa/Archiv
An Bord des Bootes befanden sich außerdem der Kommandant Paul-Henry Nargeolet (l), der als einer der bekanntesten Experten für das Titanic-Wrack galt und daher den Spitznamen
An Bord des Bootes befanden sich außerdem der Kommandant Paul-Henry Nargeolet (l), der als einer der bekanntesten Experten für das Titanic-Wrack galt und daher den Spitznamen "Mr. Titanic" trug. © JIM ROGASH/AP/dpa
An der Rettungsaktion waren mehrere Flugzeuge, Schiffe und Sonarboote beteiligt.
An der Rettungsaktion waren mehrere Flugzeuge, Schiffe und Sonarboote beteiligt. © Handout / US Coast Guard / AFP
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Die US-Marine legt Wert auf die Feststellung, dass die führenden Köpfe der über fast fünf Tage gelaufenen Rettungsmission frühzeitig über die Erkenntnisse informiert worden seien. Warum sie nicht öffentlich gemacht wurden, warum bis zuletzt an der These festgehalten wurde, es bestehe eine Rettungsmöglichkeit, wenn man nur rechtzeitig vor der Leerung der auf 96 Stunden begrenzten Sauerstoffvorräte die Titan-Crew bergen kann, ist unklar. Inoffiziell hieß es, die Angaben über eine mögliche frühe Implosion der Tauch-Kapsel in knapp 4000 Meter Tiefe, seien zu vage gewesen, um keine groß angelegte Such-Aktion einzuleiten. Auch interessant: Tragisches Detail zu Ehefrau von Oceangate-Gründer

Titanic-Regisseur Cameron sieht "unheimliche Parallelen"

Unterdessen hat der bekannte Hollywood-Regisseur James Cameron, der dem Untergang der Titanic in den 90er Jahren ein preisgekröntes Film-Denkmal setzte und viele Male per U-Boot Tauchgänge zum Wrack durchführte, schwere Kritik an der Titan-Betreiberfirma Oceangate geübt.

Die Nachfrage nach Ausflügen zum berühmten Wrack der «Titanic» war bisher groß. Doch nun wird das Tauchboot «Titan» vermisst.
Die Nachfrage nach Ausflügen zum berühmten Wrack der «Titanic» war bisher groß. Doch nun wird das Tauchboot «Titan» vermisst. © Oceangate Expeditions/PA Media/dpa

Cameron sagte in US-Medien, es gebe unheimliche Parallelen zwischen der Tragödie um die Titan und dem Sinken der Titanic 1912. Damals habe der Kapitän des Ozeandampfers Warnungen vor Packeis im Nordatlantik in den Wind geschlagen, sagte der Kanadier dem TV-Sender ABC News. Im Falle der Titan seien Warnungen ignoriert worden, dass das Tauchboot nicht den Anforderungen entspricht und viel zu experimentell gebaut sei, um Menschen dauerhaft sicher zur Titanic und zurück zu transportieren. Mehr dazu: Deutscher über Titan – "Ich merke erst jetzt, was ich für ein Glück hatte"

Ursache für katastrophalen Druckabfall noch offen

Die US-Regierung von Präsident Joe Biden sprach den Hinterbliebenen der fünf Insassen des Tauchboots ihr Beileid aus. “Unsere Herzen sind bei den Familien und den geliebten Menschen von jenen, die ihre Leben in der Titan verloren haben”, heißt es in einer Stellungnahme der Weißen Hauses. Die Angehörigen hätten “grauenvolle Torturen” hinter sich. “Wir werden weiter an sie denken und für sie beten.”

Zuvor hatten die US-Küstenwache und die Firma Oceangate de facto den Tod der Titan-Besatzung bekanntgegeben. Danach gehen die von einem am Donnerstagmorgen eingesetzten Bergungs-Roboter 500 Meter neben dem Titanic-Wrack gesichteten Trümmerteile eindeutig auf das Tauchboot zurück.

NameTitanic
StandortRund 600 Kilometer vor Neufundland (Kanada)
Baubeginn31. März 1909
Gewicht52.310 Tonnen
Länge269 Meter
UnglückApril 1912
Entdeckt1 September 1985

Aus noch ungeklärter Ursache sei es zu einem “katastrophalen Druckabfall” in der kleinen Passagier-Kabine gekommen, sagte Konter-Admiral John Mauger. Inoffiziell erklärten Experten der Küstenwache, dass der Tod “wahrscheinlich im Bruchteil einer Sekunde durch eine gewaltige Implosion” über die fünf Expeditionsteilnehmer im Alter von 19 bis 77 Jahren gekommen sei. "Sie mussten nicht leiden." Das könnte Sie auch interessieren: Tragisches Detail zu Ehefrau von Oceangate-Gründer